Maternale Impfung für Schwangere oder Immunisierung mit monoklonalen Antikörpern für Kinder
In der Regel können und sollen (werdende) Eltern wählen, ob sie ihr neugeborenes Kind indirekt via eine maternale RSV-Impfung in der Schwangerschaft oder nach der Geburt direkt mit einem monoklonalen Antikörper gegen RSV schützen möchten. Dieser Schutz ist insbesondere für alle Kinder unter 6 Monaten während des Winterhalbjahrs wichtig. Deshalb geben die nachfolgenden Empfehlungen genaue Zeiträume für das optimale Timing an.
a) Maternale Impfung für Schwangere
Der nicht-adjuvantierte, bivalente RSV-Impfstoff (Abrysvo®) ist für schwangere Frauen bestimmt, um mittels mütterlicher Antikörper ihr Kind in den ersten Lebensmonaten vor schweren RSV-Infektionen der unteren Atemwege und RSV-bedingten Hospitalisationen zu schützen.
Die EKIF und das BAG empfehlen die Impfung von Schwangeren ab 18 Jahren mit 1 Dosis des RSV-Impfstoffs Abrysvo®. Abrysvo® soll von SSW 32+0 bis 36+0 angeboten und verabreicht werden, wenn der Geburtstermin zwischen Anfang Oktober und Ende März liegt. Die Impfung sollte mindestens 14 Tage vor der Geburt geplant und verabreicht werden.
b) Immunisierung mit monoklonalen Antikörpern für Neugeborene und Säuglinge
Als alternative Möglichkeit zum Schutz von Neugeborenen und Säuglingen stehen langwirksame monoklonale Antikörper zur Verfügung.
Die Expertenarbeitsgruppe empfiehlt zusammen mit der EKIF/CFV und dem BAG, dass alle Säuglinge im ersten Lebensjahr eine einmalige Dosis eines langwirksamen monoklonalen Antikörpers (mAB) als (passive) Grundimmunisierung zur Prophylaxe von Respiratory Syncytial Virus (RSV)-Infektionen erhalten. Neugeborene, die während der RSV-Saison geboren werden und deren Mütter während der Schwangerschaft bereits Abrysvo® erhalten hatten, gelten im Allgemeinen als ausreichend geschützt und benötigen daher keine Immunisierung mit monoklonalen Antikörpern (Ausnahme s. unten).
Die monoklonalen RSV-Antikörper sollten wie folgt verabreicht werden:
Neugeborene geboren von Oktober bis März → Verabreichung einer Einzeldosis eines langwirksamen mAB in der ersten Lebenswoche, idealerweise vor Entlassung aus der Geburtenstation oder Neonatologie, oder möglichst rasch danach.
Säuglinge geboren von April bis September → Verabreichung von einer Einzeldosis im Oktober, bzw. so bald wie möglich danach..
Die mAB-Dosis kann gleichzeitig mit gängigen Impfstoffen (DTPa-IPV-Hib-HBV, PCV, Meningokokken-Impfstoffen, MMR, MMRV) an einem anderen Injektionsort (im Abstand von mindestens 2,5 cm) verabreicht werden.
Im Idealfall werden die künftigen Eltern bereits vor der Geburt von den Gynäkologinnen und Gynäkologen, Geburtshelfern, Hebammen, Kinderärztinnen und -ärzten und/oder Allgemeinärztinnen und -ärzten über beide Präventionsmöglichkeiten informiert.
Zusätzlich wird im Oktober eine zweite Dosis eines langwirkenden mABs (Nirsevimab: 200 mg, als 2 Injektionen à 100 mg) für Kinder im Alter von 24 Monaten oder jünger empfohlen, die am Beginn ihrer 2. RSV-Saison stehen und bei denen – nach Feststellung der behandelnden Fachärztin/des behandelnden Facharztes – chronische angeborene oder erworbene Erkrankungen vorliegen, die mit einem anhaltend hohen Risiko für schwere RSV-Verläufe einhergehen. Diese Erkrankungen umfassen unter anderem:
- Hämodynamisch signifikante angeborene oder erworbene Herzfehler (z. B. zyanotische Herzfehler)
- Pulmonale arterielle Hypertonie
- Chronische Lungenerkrankungen (wie moderate bis schwere BPD, Lungenfehlbildungen und zystische Fibrose)
- Angeborene Stoffwechselstörungen mit Auswirkung auf die Herz- oder Lungenfunktion
- Angeborene oder erworbene neurologische Erkrankungen (wie Epilepsie und Zerebralparese) und neuromuskuläre Erkrankungen
- Immunschwäche (angeboren, erworben oder medikamenteninduziert)
- Down-Syndrom und andere Chromosomenanomalien
- Frühgeburtlichkeit: GA < 33 Wochen
- Andere chronische Erkrankungen, die wahrscheinlich zu einer schweren RSV-Erkrankung führen (z. B. chronische Lebererkrankungen oder Organfehlbildungen)
Bei Kindern, die sich einer Herzoperation mit kardiopulmonalem Bypass oder extrakorporaler Membranoxygenierung oder Plasmapherese unterziehen müssen, wird die Gabe einer zusätzlichen Dosis eines langwirkenden monoklonalen Antikörpers empfohlen, sobald das Kind postoperativ stabil ist, um einen ausreichenden Serumspiegel sicherzustellen (https://www.accessdata.fda.gov/drugsatfda_docs/label/2023/761328s000lbl.pdf und Fachinformation Beyfortus® (swissmedicinfo.ch).
Bei Kindern mit bekannten schweren allergischen Reaktionen auf Nirsevimab oder einen der Inhaltsstoffe von Beyfortus® besteht eine Kontraindikation.
Kindern, die bereits eine RSV-Infektion durchgemacht haben, soll in derselben Saison kein monoklonaler Antikörper mehr verabreicht werden. Ausnahme: bei Gefahr eines Verlustes der humoralen Immunität (kardiopulmonaler Bypass oder extrakorporale Membranoxygenierung oder Plasmapherese).
In Situationen mit begrenzter Verfügbarkeit von monoklonalen Antikörpern sollte der Antikörper vorrangig an Kinder verabreicht werden, die ein erhöhtes Risiko für RSV-bedingte Hospitalisationen aufweisen. Diese sind die oben genannten Hochrisikopatientengruppen in ihrer 1. und 2. RSV-Saison.
Monoklonale Antikörper für Säuglinge von RSV-geimpften Müttern?
Die Impfung von Schwangeren bietet einen hohen Schutz vor behandlungsbedürftiger schwererLRTD in den ersten Lebensmonaten. Säuglinge, die in der RSV-Saison geboren werden und deren Mütter während der Schwangerschaft den Impfstoff Abrysvo® erhalten haben, gelten im Allgemeinen als ausreichend geschützt. Die Gabe von Nirsevimab sollte daher nur in ganz bestimmten Situationen in Betracht gezogen werden, wenn das Risiko eines unzureichenden transplazentaren Antikörpertransfers vorliegt (Verabreichung von Abrysvo® weniger als 14 Tage vor der Geburt, GA < 37 Wochen, mütterliche Immunsuppression, einschliesslich HIV-Infektionen mit nicht unterdrückter Viruslast), die Gefahr eines Verlusts der humoralen Immunität besteht (nach kardiopulmonalem Bypass oder extrakorporaler Membranoxygenierung oder Plasmapherese) oder – nach Feststellung des behandelnden Facharztes / der behandelnden Fachärztin – eine Komorbidität vorhanden ist, die das Risiko einer lebensbedrohlichen RSV-Erkrankung birgt.